Die Begegnung by Mela Wagner

Die Begegnung by Mela Wagner

Autor:Mela Wagner [Wagner, Mela]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Contemporary
ISBN: 9781493661749
Google: R6OdngEACAAJ
Goodreads: 18775757
Herausgeber: CreateSpace Independent Publishing Platform
veröffentlicht: 2013-10-28T23:00:00+00:00


»Ich werde jetzt gehen«, sage ich mit tonloser Stimme und schenke ihm ein kurzes, gezwungenes Lächeln, als ich aufschaue und von der Liege rutsche, bis ich den Boden wieder unter den Füßen spüre.

»Bleib noch. Ich will nicht, dass du jetzt gehst.« Seine Augen blicken mich flehentlich an. »Hier, zieh den an. Du bist jetzt meine Assistentin.« Kichernd ziehe ich den Arztkittel über.

In der Notaufnahme sitzt ein kleines, weinendes Mädchen, das sich beim Spielen eine Wunde am Kopf zugezogen hat. Ihre Mutter ist ganz aus dem Häuschen. Paul bittet sie ins Untersuchungszimmer. Er stellt mich als seine Assistentin vor. Die Frau mustert mich kurz und findet anscheinend mein Outfit unter dem Arztkittel mehr als fraglich. Was soll’s. In Greys Anatomy gibt es auch Ärztinnen mit Designerklamotten, doch ich glaube, was man dort zu sehen bekommt, hat mit der Realität nichts mehr zu tun. Oder vielleicht betrachtet sie mich einfach so kritisch, da ich mich immer wieder an der Tür festhalte, denn der Alkohol vernebelt noch immer auf eine komische Art und Weise meine Sinne. Zuerst kniet sich Paul neben das kleine Mädchen und stellt sich vor.

»Hallo, ich bin Paul. Wie heißt du?« Obwohl eher dem weinenden Mädchen mit ihrer Verletzung meine Aufmerksamkeit zuteil werden sollte, bin ich fasziniert, wie Paul auf sie eingeht und ihr sofort jegliche Angst nimmt. In einem Tonfall, den ich von ihm nicht kenne, beschreibt er dem Mädchen jedes kleinste Detail der bevorstehenden Untersuchung. Als sie beginnt ihm Fragen zu stellen, versickern ihre Tränen. Sie vergisst ihren Schmerz und lauscht Pauls Worten. Er strahlt unglaubliche Ruhe und Souveränität aus. Ich erinnere mich an den Abend unseres Klassentreffens. Er war genauso ruhig. Die Wunde des kleinen Mädchens ist schnell verarztet. Wie vorgeschrieben und einstudiert, klärt er die Mutter noch über Risiken bezüglich einer Gehirnerschütterung auf. Als das kleine Mädchen den Untersuchungsraum mit einem Lolly verlässt, strahlt sie übers ganze Gesicht.

»Du machst das toll!« Ich zwicke ihn in seinen durchtrainierten Bauch.

Er zuckt nur mit den Schultern.

»Das ist der nette Teil der Arbeit. Hart wird es, wenn jemand krank ist und du ihm nicht mehr helfen kannst oder jemand stirbt.« Ich konnte mir Paul nie als Arzt vorstellen, doch jetzt, nachdem ich ihn beobachtet habe, wüsste ich nicht, wer diesen Job besser machen könnte als er. »Hast du Lust, mit mir einen Kaffee trinken zu gehen?«

»Kannst du hier weg?« Was wird die Klapperschlange dazu sagen?

»Nein, aber es gibt hier im Haus eine Cafeteria. Wenn ein Notfall reinkommt, piepsen sie mich an.«

»Oh ja, gerne.« Er zieht mir den Mantel von den Schultern und sofort stellt sich jedes feine Härchen an meinem Körper auf. Einen Moment streift er an meinem Nacken und berührt mich dabei. Ich weiß nicht, ob es unbeabsichtigt war, doch es hat seine Wirkung nicht verfehlt. Verschämt lächle ich und folge ihm zur Cafeteria.

Wir gehen einen langen, weißen Gang entlang, bis wir in einen orangefarbenen Raum kommen. Dort steht ein kleiner Kaffeeautomat.

»Bitteschön, meine Cafeteria«, er deutet in einen kleinen Aufenthaltsraum. »In den Nachtschichten ist die richtige Cafeteria geschlossen, also muss ich mich hiermit begnügen, obwohl der Kaffee wirklich grauenhaft ist.



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